Previous Page  113 / 132 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 113 / 132 Next Page
Page Background wohninsider.at

113

WOHNDESIGNERS

Gab es ein Verständnis für die Zeit nach dem Jugendstil?

Damals war, wie gesagt, noch der große Jugendstil-Hype angesagt.

Der hat aber in der Zwischenzeit interessanterweise stark nachgelas-

sen, heute sind nur noch Spitzenobjekte aus jener Zeit gefragt, mitt-

lere Qualität erzielt keine guten Preise mehr. Wir waren mit unserem

Schwerpunkt, nämlich Möbel der zwanziger bis siebziger Jahre aus

Österreich, anfangs wenig im Lichtkegel der Aufmerksamkeit. Aber

das hat sich mit der Zeit dann doch gewandelt – wobei uns der Trend

zu Retro aus den fünfziger Jahren sehr zugutekam und -kommt.

Wie kamt und kommt ihr zu den Möbeln?

Wir suchten auf Flohmärkten und führten Wohnungsauflösungen

durch, und da wir auch selbst restaurierten, entwickelten wir mit der

Zeit einen Blick dafür, was gut ist und was nicht. Bald wurde uns Ös-

terreich als Fundort zu klein, und wir machten uns auch im Aus-

land auf die Suche, vor allem in Frankreich und Großbritannien. In

Deutschland weniger, denn die dortige starke Verwendung von Stahl-

rohr kommt bei uns in Österreich nicht so gut an. Hier hat schon im-

mer eine gewisse ausgepolsterte Gemütlichkeit vorgeherrscht, ich neh-

me an, das hat sich vom Biedermeier her so tradiert.

Wer sind eure Kunden?

Es gibt natürlich Sammler, vor allem aber sind es Menschen, die sich

zwar zeitgenössisch einrichten, zusätzlich aber da und dort einen ganz

individuellen Retro-Akzent setzen wollen, beispielsweise mit einem

Stück aus den fünfziger Jahren. Anders als im Altwarenhandel gibt es

bei unseren Möbeln ja nicht die Assoziation „alt und verstaubt“.

Ich nehme an, ihr habt mit Lichterloh Bewusstseinsbildung

betrieben, indem ihr euren Fokus auf österreichische Möbel des 20.

Jahrhunderts gelegt habt. Gibt es Designer, die vergessen waren, die

ihr wiederentdeckt habt?

Mit Sicherheit. Namen wie Josef Frank, Roland Rainer, Carl Auböck

oder Erich Boltenstern kannte man natürlich. Aber so manch einen

anderen, etwa Oskar Riedel, Walter Emil Gindele, Fritz Reichl,

Carl Appel oder Fritz Vogell haben wir aus der Vergessenheit

zurückgeholt.

Der Handel mit Möbeln aus dem genannten Zeitraum ist aber nicht

eure einzige Aktivität …

Nein, Philipp-Markus hat jetzt eine eigene Linie mit Kästen,

Kommoden, Regalen, Anrichten, Liegen usw. herausgebracht, die

von der Formensprache her an die fünfziger Jahre angelehnt sind –

ohne diese zu plagiieren –, aber eben neu sind. Es sind modulartig

aufgebaute Möbelstücke, sprich, der Kunde kann selbst entscheiden,

mit wie vielen Fächern, Regalteilen usw. er seines haben will. Die

Planung erfolgt online, die Fertigung dann bei uns in der Werkstatt.

Und wir legen Wert darauf, dass die Möbel aus Voll- bzw. Sperrholz,

nicht jedoch aus Spanplatten sind.

Zusätzlich vertreiben wir originalgetreue Reeditionen von Objekten

des Fünfziger-Jahre-Lampendesigners Serge Mouille (die von dessen

Witwe Gin produziert werden) und des berühmten Stadthallensessels

von Roland Rainer. Sowie die Kollektion „Normalzeit“ von

Fredi Brodmann, das ist vor allem eine Armbanduhr, die von der

Anmutung her der berühmten, auf öffentlichen Plätzen stehenden

Schauer-Würfeluhr nachempfunden ist. Übrigens haben wir auch

eine originale Schauer-Uhr bei uns im Geschäft.

Weiters betreiben wir das Geschäft Ramsch & Rosen in der

Neubaugasse. Dort landen all die Nippes, Krimskrams und

Kuriositäten aus Verlassenschaften, die ins Lichterloh-Geschäft

nicht hineinpassen, aber trotzdem kaufwürdig sind. Und schließlich

sind wir auch in der Glasfabrik, einer Händlergemeinschaft im 16.

Bezirk, mit vertreten.

www.lichterloh.com

Dagmar Moser, Philipp-Markus Pernhaupt

und Christof Stein eröffneten ihr Geschäft

Lichterloh auf der Gumpendorfer Straße

in Wien im Jahr 1991 und legten den

Schwerpunkt auf vornehmlich österreichische,

später überhaupt europäische Designmöbel

der zwanziger bis siebziger Jahre. Die

Schauräume umfassen 400 m² Schauräume,

Dependancen sind das winzige Geschäft

Ramsch & Rosen und die Glasfabrik, wo

Lichterloh Teil einer Händlergemeinschaft ist.

Lichterloh produziert auch eine eigene Linie,

die vage in der Formensprache der fünfziger

Jahre gehalten ist, und vertreibt originalgetreue

Möbel-Reeditionen von Serge Mouille und

Roland Rainer. Lichterloh ist zudem Mitglied

von Wien Products.

„Unsere Kunden sind vor allem Menschen, die sich zwar

zeitgenössisch einrichten, zusätzlich aber da und dort

einen ganz individuellen Retro-Akzent setzen wollen.“

Philipp-Markus Pernhaupt, Dagmar Moser und Christof Stein sind Lichterloh.