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WOHNDESIGNERS
Gab es ein Verständnis für die Zeit nach dem Jugendstil?
Damals war, wie gesagt, noch der große Jugendstil-Hype angesagt.
Der hat aber in der Zwischenzeit interessanterweise stark nachgelas-
sen, heute sind nur noch Spitzenobjekte aus jener Zeit gefragt, mitt-
lere Qualität erzielt keine guten Preise mehr. Wir waren mit unserem
Schwerpunkt, nämlich Möbel der zwanziger bis siebziger Jahre aus
Österreich, anfangs wenig im Lichtkegel der Aufmerksamkeit. Aber
das hat sich mit der Zeit dann doch gewandelt – wobei uns der Trend
zu Retro aus den fünfziger Jahren sehr zugutekam und -kommt.
Wie kamt und kommt ihr zu den Möbeln?
Wir suchten auf Flohmärkten und führten Wohnungsauflösungen
durch, und da wir auch selbst restaurierten, entwickelten wir mit der
Zeit einen Blick dafür, was gut ist und was nicht. Bald wurde uns Ös-
terreich als Fundort zu klein, und wir machten uns auch im Aus-
land auf die Suche, vor allem in Frankreich und Großbritannien. In
Deutschland weniger, denn die dortige starke Verwendung von Stahl-
rohr kommt bei uns in Österreich nicht so gut an. Hier hat schon im-
mer eine gewisse ausgepolsterte Gemütlichkeit vorgeherrscht, ich neh-
me an, das hat sich vom Biedermeier her so tradiert.
Wer sind eure Kunden?
Es gibt natürlich Sammler, vor allem aber sind es Menschen, die sich
zwar zeitgenössisch einrichten, zusätzlich aber da und dort einen ganz
individuellen Retro-Akzent setzen wollen, beispielsweise mit einem
Stück aus den fünfziger Jahren. Anders als im Altwarenhandel gibt es
bei unseren Möbeln ja nicht die Assoziation „alt und verstaubt“.
Ich nehme an, ihr habt mit Lichterloh Bewusstseinsbildung
betrieben, indem ihr euren Fokus auf österreichische Möbel des 20.
Jahrhunderts gelegt habt. Gibt es Designer, die vergessen waren, die
ihr wiederentdeckt habt?
Mit Sicherheit. Namen wie Josef Frank, Roland Rainer, Carl Auböck
oder Erich Boltenstern kannte man natürlich. Aber so manch einen
anderen, etwa Oskar Riedel, Walter Emil Gindele, Fritz Reichl,
Carl Appel oder Fritz Vogell haben wir aus der Vergessenheit
zurückgeholt.
Der Handel mit Möbeln aus dem genannten Zeitraum ist aber nicht
eure einzige Aktivität …
Nein, Philipp-Markus hat jetzt eine eigene Linie mit Kästen,
Kommoden, Regalen, Anrichten, Liegen usw. herausgebracht, die
von der Formensprache her an die fünfziger Jahre angelehnt sind –
ohne diese zu plagiieren –, aber eben neu sind. Es sind modulartig
aufgebaute Möbelstücke, sprich, der Kunde kann selbst entscheiden,
mit wie vielen Fächern, Regalteilen usw. er seines haben will. Die
Planung erfolgt online, die Fertigung dann bei uns in der Werkstatt.
Und wir legen Wert darauf, dass die Möbel aus Voll- bzw. Sperrholz,
nicht jedoch aus Spanplatten sind.
Zusätzlich vertreiben wir originalgetreue Reeditionen von Objekten
des Fünfziger-Jahre-Lampendesigners Serge Mouille (die von dessen
Witwe Gin produziert werden) und des berühmten Stadthallensessels
von Roland Rainer. Sowie die Kollektion „Normalzeit“ von
Fredi Brodmann, das ist vor allem eine Armbanduhr, die von der
Anmutung her der berühmten, auf öffentlichen Plätzen stehenden
Schauer-Würfeluhr nachempfunden ist. Übrigens haben wir auch
eine originale Schauer-Uhr bei uns im Geschäft.
Weiters betreiben wir das Geschäft Ramsch & Rosen in der
Neubaugasse. Dort landen all die Nippes, Krimskrams und
Kuriositäten aus Verlassenschaften, die ins Lichterloh-Geschäft
nicht hineinpassen, aber trotzdem kaufwürdig sind. Und schließlich
sind wir auch in der Glasfabrik, einer Händlergemeinschaft im 16.
Bezirk, mit vertreten.
www.lichterloh.comDagmar Moser, Philipp-Markus Pernhaupt
und Christof Stein eröffneten ihr Geschäft
Lichterloh auf der Gumpendorfer Straße
in Wien im Jahr 1991 und legten den
Schwerpunkt auf vornehmlich österreichische,
später überhaupt europäische Designmöbel
der zwanziger bis siebziger Jahre. Die
Schauräume umfassen 400 m² Schauräume,
Dependancen sind das winzige Geschäft
Ramsch & Rosen und die Glasfabrik, wo
Lichterloh Teil einer Händlergemeinschaft ist.
Lichterloh produziert auch eine eigene Linie,
die vage in der Formensprache der fünfziger
Jahre gehalten ist, und vertreibt originalgetreue
Möbel-Reeditionen von Serge Mouille und
Roland Rainer. Lichterloh ist zudem Mitglied
von Wien Products.
„Unsere Kunden sind vor allem Menschen, die sich zwar
zeitgenössisch einrichten, zusätzlich aber da und dort
einen ganz individuellen Retro-Akzent setzen wollen.“
Philipp-Markus Pernhaupt, Dagmar Moser und Christof Stein sind Lichterloh.