wohninsider April-Mai 2024

44 wohninsider.at | April/Mai | 02. 2024 KÜCHE Keine Angst, natürlich gibt es sie noch, die Küchen. Ihnen wurde dieses Jahr sogar ein ganz besonderer Platz auf dem Messegelände zugeteilt, nämlich die Pole-Position. Und – wenig verwunderlich – war auch diesmal hier gefühlsmäßig am meisten los. Klar, Liebe geht immer noch durch den Magen. Kein Außenseiter mehr Die Küche wurde in den letzten beiden Jahrzehnten immer mehr zum integrativen Bestandteil der Wohnlandschaft. Mit dem Verschwinden der Wände zu offenen Räumen und dem Aufbrechen von Konventionen rückte sie ganz nah heran an das Geschehen und wurde vom Funktionsort zum Mittelpunkt, der heute alles anbietet: Kochen, Essen, Arbeiten, Leben. Miteinher mit dieser Entwicklung entstand auch ein neues Designvokabular, das sich optisch immer mehr in die Wohnszenerie integrierte, um schließlich fast ganz zu verschwinden. Gelungen ist das durch die gestalterische Verschränkung von Wohnmöbeln mit der Küche selbst: Angedockte Esstische zum Verlängern, Bücherregale im Sockel, Pocket-Türen in Wandverbauten und vieles mehr – sie alle ließen die Küche als solche, wie man sie kannte, tatsächlich „verschwinden“. Stattdessen regiert die Großzügigkeit von freistehenden Kücheninseln, die wie eine opulente Werkbank den Raum dominiert und nicht preisgibt, wo das Kochen aufhört und das Wohnen anfängt. Die Funktionalität verschwindet oft hinter raumhohen Türen, die die Großzügigkeit weitertragen und alles beherbergt, was das Herz leidenschaftlicher Köch:innen höherschlagen lässt. Gang und Gebe Doch eigentlich ist das, was man so elegant hinter den Fronten und Türen versteckt absolut sehenswert: Die Küchengeräte machen einander heftig Konkurrenz – nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Funktionalität. Interessant ist, dass es auch hier einen Trend des Verschwindens gibt. Drehköpfe werden seltener, dafür die digitale Bedienung immer mehr. Kochfelder verfügen über heiße und kalte Zonen, was die Abläufe beim Kochen großartig unterstützt, denn Abstellfläche kann es nie genug geben. Warum also nicht gleich direkt am Ort des Geschehens? In Sachen Kühlung ist man ganz auf Zonierung fokussiert, denn wenn der Wert der Lebensmittel im Bewusstsein der Menschen steigt, muss auch dementsprechend aufbewahrt werden können. Für alles gibt es den perfekt temperierten Platz. So ist es ein wahres Vergnügen, die Kühlschranktür zu öffnen. Um das Ganze noch abzurunden, darf der Dunstabzug, der den Dampf immer öfter dort abfängt, wo er entsteht, nicht fehlen. Hoch im Kurs liegen auch Küchenarmaturen, die 100 Grad heißes und eiskaltes, stilles und prickelndes Wasser aus einer Quelle zapfen lassen. Nicht nur das Nudelwasser ist damit schnell zur Hand, auch der Durst ist ganz ohne Flaschenmüll im wahrsten Sinne des Wortes im Handumdrehen gelöscht. Timing ist eben alles, vor allem beim modernen Kochen, das zwar beliebt ist, weil es gesund ist, aber ruckzuck gehen muss. Darauf haben sich die Küchenhersteller eindeutig eingestellt. Auf nach draußen Ein großes Thema – mehr denn je – war dieses Jahr das Outdoor Cooking. Alles, was Rang und Namen hat, bietet mindestens ein Modell für das Kochen unter freiem Himmel an. Selbstverständlich geht das weit über ein rudimentäres Grillvergnügen hinaus: Die Spielarten gehen von klein und kompakt, Fotos: Hersteller EUROCUCINA MAILAND 2024 „There is no kitchen“ Der diesjährige Claim von Bulthaup, das Unternehmen, das aus Anlass der Eurocucina 2024 den Ehrenhof der altehrwürdigen Pinacoteca di Brera beeindruckend bespielte, könnte ziemlich sicher auf die gesamte Branche zutreffen: Es gab viel zu sehen, nur „keine Küche“. Von Barbara Jahn www.gaggenau.com www.nolte-kuechen.com

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